Üblicher Weise hat man in der Wirtschaft Angst vor Computerviren. Dass einmal die Angst wegen eines echten Virus umgehen würde, das war nicht zu erwarten. Okay, Sie sagen, Sie haben keine Angst? Gut, verstanden. Sollten Sie aber!
Im Asiengeschäft haben wir uns an eines gewöhnt, zu Chinese New Year und mit einer gewissen Karrenzzeit danach geht nichts mehr. So ist es wenig verwunderlich, dass die derzeitige Situation sehr gelassen hingenommen wird. Business as usual. Eben nicht! Dieses Jahr ist eben nicht zu erwarten, dass Millionen von Wanderarbeitern wieder (pünktlich) in ihre Fabriken zurückkehren werden. Da hilft es auch nichts, dass deren Rückkehr etwas nach hinten verschoben auf den 09. Februar terminiert wurde. Wenn ich derzeit mit Leuten vor Ort spreche, dann hat das Virus das Land fest im Griff. Angst und Panik gehen um. Nicht umsonst haben die Chinesen, die sonst eher nicht zu öffentlichen Reaktionen neigen, mehere Millionenstädte komplett abgeriegelt. Ohne ein Prophet sein zu wollen. Alleine diese Maßnahme beweist schon, wie monströs und wie bedrohlich die Lage ist.
In einer Zeit, in der sich die Menschen (ob rational oder irrational) in ihren Häsusern einschließen, da werden sich nur einige wirklich unverzagte - und bei den Chinesen können das auch mal Millionen sein - auf den Weg zurück an Ihren Arbeitsplatz machen. Aber es werden zu wenige sein um die Produktion so wie geplant wieder anlaufen zu lassen. Es ist jetzt schon abzusehen, dass dabei mit Geld, also höheren Löhnen, nachgeholfen werden muss. Um zum einen einen Anreiz für die üblichen Arbeiterinnen und Arbeiter zu schaffen oder um Arbeitskräfte in weit entlegenen Regionen Chinas anzulocken.
Im Ergebnis: Zu wenig, zu spät, zu teuer.
Und dabei haben wir vom durchaus möglichen Supergau noch gar nicht gesprochen. Nämlich davon, dass Wanderarbeiter das Virus in den Fabriken verteilen und die Produktion (teilweise) zum erliegen kommt. Von den menschlichen Tragödien ganz zu schweigen.
Auch wenn alles nicht so schlimm kommt. Spätestens Mitte das Jahres werden wir die Auswirkungen der derzeitigen Situation spüren. Denn vorher rollen noch die Container mit bereits produzierter Ware. Um dann langsam aber sicher auszutröpfeln. Da werden vermutlich einige Sales Leute dem Handel einiges erklären müssen, wenn bereits terminierte Aktionen nicht stattfinden können, wie besprochen. Da wird sehr viel Kooperation und keine Konfrontation nötig sein. Und speziell der Handel wird erkennen (müssen), dass eben nicht alles mit Druck und Aggressivität zu lösen ist.
Wenn das alles zu schwarz gemalt ist, wenn alles gar nicht so schlimm kommt, so führt uns die derzeitige Situation doch eines eindrucksvoll vor Augen. Wie sehr die weltweite Spielwarenbranche von China abhängig ist. Kommt es hier zu Störungen aktiver oder passiver Natur, dann hat die Branche ein Problem. Denn sie kann nirgendwohin ausweichen. Interessant sind zwar die Versuche in anderen asiatischen Ländern oder in Indien, aber diese sind bei weitem noch nicht auf einem Niveau um von China unabhängig zu sein.
China ist ein zentral gesteuertes totalitäres System, in dem sich alles dem Willen der kommunistischen Partei unterordnen muss. Im Zweifelsfall dem Willen eines einzelnen Mannes oder einer einzelnen Frau. Gedankenspiel: Was passiert denn, wenn sich China in der Breite so gut entwickelt und die Inlandsnachfrage so sehr ansteigt, dass die benötigten Fertigungskapazitäten für die Versorgung des eigenen Landes genutzt werden sollen? Wenn die Partei plötzlich beschliesst - und das kann sie sofort und auch vollkommen mühelos - 50% der Spielwarenfabriken produzieren jetzt etwas ganz anderes. Güter, die China im Inland dringend braucht. Dann... dann gehen nicht nur in der deutschen Spielwarenbranche die Lichter aus. Dann ist Schluss mit den kleinen eilfertigen Chinesen, die so manch einer immer noch mit postkolonialistischem Standesdünkel belächelt. Dann wird eine veritable Supermacht ihre Krallen zeigen.
Und das, ganz egal wie die Sache mit dem Virus ausgeht, das wird kommen. Die Frage ist schon lange nicht mehr, ob? Sondern, wann?
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